Schöne neue generierte Welt – KI Tools schlagen ein

„Eine KI versucht gerade, die gesamte Menschheit auszulöschen“, „Einsatz von KI schürt Angst um rund 300 Millionen Jobs“ oder „Bringt KI das Ende der Menschheit? Oxford-Studie liefert eine düstere Antwort“. Überschriften wie diese dürften inzwischen allen bekannt sein. Aber ist die Angst berechtigt? Wird künstliche Intelligenz unsere Arbeit obsolet machen? Definitiv nicht, aber sie wird sie verändern, beschleunigen und – wenn wir uns darauf einlassen – unsere Ergebnisse, Produkte und Prozesse verbessern.

Klar ist: Jetzt geht es plötzlich schnell. Was noch vor einem Jahr maximal ein Schmunzeln erzeugt hat, sorgt jetzt für apokalyptische Schlagzeilen. Generative KI und ihre Anwendungen kommen unter enormem Konkurrenzdruck zur Veröffentlichung und schon zum Einsatz. Und noch im Laufe des Jahres 2023 werden alle gängigen Büroanwendungen und Editoren in der ein oder anderen Art KI-Assistenz anbieten. Für Coder*innen ist ein Co-Pilot schon Usus.

What the GPT?

Generative Pre-Trained Transformer – kurz GPT – beschreibt schon ganz gut, was eigentlich hinter dem vielzitierten Wunderwerkzeug steckt: Eine riesige, wirklich unglaublich große Datenbank an Texten, Chatverläufen und Wissen aus der die Antworten individuell generiert werden. Wie das funktioniert, sollten alle am besten selbst ausprobieren: Einfach unter https://chat.openai.com damit starten. Ich bin überzeugt, dass dieses Large Language Model (kurz LLM) euch dann genauso begleiten wird, wie mich: Für Recherche, Brainstorming als persönliche Assistenz oder – mit den Schnittstellen der Kaufversion – als Bestandteil eurer Anwendungen.

Wer gerne liest: Hier findest du den technischen Report von ChatGPT Version 4. Auf Seite 84 finden sich hier Beispiele für Prompts, die durchaus als „harmful“ bezeichnet werden können. In der veröffentlichten Version sind diese „gefährlichen“ Antworten durch Redaktionsregeln verhindert.

Bist du schon KI?

Wann immer künstliche Intelligenz zum Thema wird, fühle ich mich an die Zeit erinnert, als das Internet in die Haushalte und wirklich auch die letzten Betriebe gekommen ist. Und aller Voraussicht nach wird auch Ähnliches passieren: Arbeitsprozesse werden sich verändern – manche kaum, manche radikal. Und wenn man es richtig anstellt wird sich die Produktivität erhöhen – bei manchen kaum, bei manchen radikal.

Der Anwendungsbereich der schönen neuen KI-Tools beschränkt sich nicht nur auf Text: Bilder und Videos werden in die Datenbanken von Midjourney, Dall-E oder zum Beispiel Runway gefüttert. Text zu Audio, Avatare, Schriftarten und ja auch Prozess- und Projektplanung lassen sich mit KI unterstützen. Die Liste ließe sich quasi endlos fortsetzen. Eine Zukunft in der ich als Kunde nur noch mit Bots zu tun habe, schreckt mich eher ab. Einer Zukunft, in der ich Tasks, Tickets und Projekte aus einer Mailanfrage automatisch erstellen kann, kann ich durchaus etwas abgewinnen.

Gleich loslegen…

Wer es schon beim Lesen dieses Artikels nicht mehr erwarten kann, endlich selbst zu „prompten“ und KI-Tools zu verwenden kann das machen. Wie schon erwähnt, sollten alle einmal eine Viertelstunde mit ChatGPT verbracht haben. Wer in die Grafikbearbeitung starten will, sollte jedenfalls einen Blick auf Canva werfen: Hier werden KI-Tools nach und nach veröffentlicht und den User*innen zugänglich gemacht. Und wer Adobe schon verwendet, kann entweder die Beta Version von Photoshop herunterladen oder die Beta Filter aktvieren. Diese Funktionen werden die Bildbearbeitung nachhaltig verändern.

… oder abwarten.

Und selbst, wenn die Motivation noch enden wollend ist: Google und Microsoft haben bereits angekündigt Workspace und Office mit KI-Assistenz auszustatten. Generierte Texte und Bilder werden so sehr schnell für uns alle zum Alltag gehören.

Im Zweifel für die DSGVO

Eine Technologierevolution führt natürlich auch zu einer Reihe an vorläufig ungeklärten rechtlichen Fragen. Muster-Sammelklagen in den USA sind bereits unterwegs, der Drake-The Weeknd-Song, der künstlich generiert wurde, wurde von Musikplattformen schnell wieder entfernt. Wer sich absichern will, wird derweil nicht darum herumkommen, die User Licence Agreements zu lesen: Midjourney zum Beispiel verspricht Urheber*innenrecht für generierte Bilder ab dem Pro-Plan. Adobe verspricht, die KI nur mit Stock-Fotos zu füttern und die eigentlichen Urheber*innen zu entschädigen, um auch künftige Copyrightprobleme zu verhindern.

Der AI-Act der EU wird wahrscheinlich ebenfalls um Regeln für generative KI ergänzt werden. Zumindest in bestimmten Bereichen wird es rechtlich verbindlich sein, auszuweisen, dass eine KI im Spiel ist – in erster Linie um zu verhindern, dass Benutzer*innen bzw. Kund*innen nicht getäuscht werden. Eine Retrospektive auf rechtliche Regelungen im Zusammenhang mit der Entstehung des Internets lässt aber vermuten, dass wir wieder mit einer Reihe an verspäteten und teilweise verfehlten Gesetzen und Verordnungen rechnen müssen.

Beim Füttern der KI-Anwendungen mit Daten ist natürlich Vorsicht geboten: Genau wie bei anderen Cloud-Services sollte immer rechtlich klar sein, was mit den Daten passiert, bevor personenbezogene Daten hochgeladen und verarbeitet werden. Datenschutz sollte hier im Zweifel Vorrang haben.

Michael Bauer ist seit April 2023 Key Account Manager bei der ACC Agentur für Creative Communication und via michael.bauer@acc.cc erreichbar. Dieser Beitrag gibt seine persönliche Meinung wieder.

Glossar

• Generative künstliche Intelligenz: Eine Form der künstlichen Intelligenz, die in der Lage ist, neue Inhalte wie Texte, Bilder oder Videos zu generieren, die denen ähneln, aus denen sie trainiert wurde.

• Prompt: Ein Textfragment, eine Anweisung oder eine Frage, die verwendet wird, um eine Reaktion, Antwort oder generelle Informationen von einer KI oder einem Benutzer zu erhalten.

• Generative Pre-Trained Transformer (GPT): Ein Modell für maschinelles Lernen, das auf der Transformer-Architektur basiert und bereits mit einer großen Menge an Textdaten trainiert wurde. GPT kann verwendet werden, um Texte automatisch zu generieren.

• Large Language Model (LLM): Ein leistungsstarkes Modell für maschinelles Lernen, das darauf spezialisiert ist, menschenähnliche Texte zu generieren und als Assistent in verschiedenen Aufgaben eingesetzt werden kann.

• Text-to-Image-Generator: Ein Werkzeug oder eine Technologie, die Textbeschreibungen verwendet, um automatisch Bilder oder visuelle Inhalte zu erzeugen.

• Redaktionsregeln: Richtlinien oder Vorgaben, die bei der Verwendung von KI-Tools oder -Modellen angewendet werden, um unerwünschte oder problematische Ergebnisse zu verhindern, z.B. durch die Einschränkung von potenziell schädlichen Antworten oder Inhalten.

• Bots: Softwareprogramme oder virtuelle Assistenten, die mithilfe von künstlicher Intelligenz entwickelt wurden, um bestimmte Aufgaben zu automatisieren oder Benutzerinteraktionen zu unterstützen.

• Text-to-Audio: Ein Prozess, bei dem ein Text in eine Audioausgabe umgewandelt wird, normalerweise durch die Verwendung von Sprachsynthese- oder Text-to-Speech-Technologien.

• Avatare: Grafische Darstellungen oder virtuelle Figuren, die eine Person repräsentieren oder einen bestimmten Charakter darstellen, oft in Form von animierten Bildern oder 3D-Modellen.

• Apokalypse: Was uns aufgrund  des Klimawandels und nicht aufgrund von ChatGPT erwartet.